Zufluchtsort Garten

Interview mit Gartenplaner Karl Sailer

Landschaftsplanung
20.04.2021

Aktualisiert am 21.04.2021
Auch ein Jahr nach Ausbruch der Pandemie ist das Virus allgegenwärtig. Laut aktueller Umfragen sind die Auftragsbücher der Architekten wieder gut gefüllt - doch wie wirkt sich die Krise auf die Arbeit der Garten- und Landschaftsplaner aus? Yoko Rödel im Gespräch mit Karl Sailer.
Portrait von Gartenplaner Karl Sailer
Gartenplaner Karl Sailer

Die Pandemie dauert an und hat sämtliche Bereiche der Wirtschaft durchdrungen. Auch in der Baubranche gab es erhebliche Einbußen: Diese resultierten aus einer anfänglich schwachen Auftragslage, Abstandsregelungen, Maskenpflicht sowie neuen Schicht- und Pausenmodellen. Auch die veränderte Kommunikation zollte ihren Tribut und forderte vor allem eines: Starke Nerven. Trotz der allgemein angespannten Lage zeigt sich der Markt im Großen und Ganzen stabil. Da zudem die Sehnsucht nach naturnahen Rückzugsräumen stetig wächst, erfreuen sich derzeit insbesondere Freiraum- und Landschaftsplaner einer ungeahnten Hochkonjunktur, wie Garten- und Landschaftsgestalter Karl Sailer berichtet, der im ersten Corona-Jahr die höchste Zuwachsrate der 40jährigen Firmengeschichte verzeichnen konnte.

Herr Sailer, in Zeiten von Corona ist der Garten zu einem Zufluchtsort vor der Lethargie des Homeoffice geworden. Welche Veränderungen nehmen Sie diesbezüglich bei den Menschen wahr?

Karl Sailer: Die Wünsche der Kunden sind immer sehr individuell und verändern sich mit der Zeit – das war schon vor Corona so. Dennoch wurde uns durch die Pandemie deutlich vor Augen geführt, wie wertvoll der Garten als Rückzugsort vor dem meist hektischen Alltag ist. Gerade in Zeiten allgemeiner Verunsicherung und Einschränkungen bietet der eigene Garten einen geschützten Raum zum Wohlfühlen. Das hat auch dazu geführt, dass sich gerade im letzten Jahr viele Menschen intensiv damit beschäftigt haben, was ihnen im Leben wichtig ist. Sie haben begonnen, sich selbst und ihr Umfeld neu zu reflektieren – das betrifft auch den Garten. Auf diese Weise wird das enorme Potential des Grünraumes immer mehr erkannt - und vielfach wurden brachliegende Flächen in Erholungsorte und Kraftplätze für die ganze Familie oder Spielplätze für die Kinder verwandelt. Gleichzeitig ist der Garten auch ein Lebensraum, der zum Zweck der Selbstversorgung mit Permakulturen, Kräuter- und Naschgarten oder als Hochbeet genutzt werden kann. Somit kann der Garten je nach Bepflanzung zur pflegeleichten Oase für den Lebensabend werden oder beispielsweise durch einen Naturpool oder Lichtdesign-Elemente und andere visuelle Akzente zur Attraktion werden.

„Durch die Pandemie wurde uns deutlich vor Augen geführt, wie wertvoll der Garten als Rückzugsort vor dem meist hektischen Alltag ist.“

Karl Sailer, Gartenplaner

Auf welchen Leitmotiven beruht ihre Arbeit und wie ist es Ihnen möglich, die individuellen Bedürfnisse der Kunden zu ergründen?

Wir nehmen die Natur als Vorbild. Unser Anspruch ist es, ihre „Unordnung“ nachzuempfinden und etwa kunstvolle, naturgetreue Wasserfälle im Kleinraum eines Gartens umzusetzen. Dazu suchen wir vor allem das persönliche Gespräch mit unseren Kunden und nehmen uns Zeit, auf ihre Wünsche und Vorstellungen einzugehen – etwa bei der gemeinsamen Begehung des jeweiligen Gartens und der Anamnese der Lage, Bodenbeschaffenheit, des Lichteinfalls und anderer Besonderheiten. In einem weiteren Schritt laden wir die Kunden in unseren Schaugarten nach Pöndorf ein. Dort gibt es viele gestalterische Ideen, Materialien, Bepflanzungen und nicht zuletzt Schwimmteiche, Naturpools und Wasserspiele zu sehen. Auf diese Weise können wir alle Aspekte besprechen, welche das Refugium im Freien erfüllen soll. Unser gestalterischer Anspruch ist es dabei, den natürlichen Charakter eines Freiraums so weit wie möglich zu wahren und im Zusammenspiel aus Pflanzen, Wasser, Naturstein und raffinierter Beleuchtung die Menschen auf intuitive Art und Weise zu berühren. So entsteht ein pflegeleichter und naturbelassener Lebensraum für Mensch und Tier und es bleibt mehr Zeit, die Freizeit zu genießen.

Worin sehen Sie die Gründe dafür, dass die Landschaftsplanung seit jeher als Sonderdisziplin der Architektur betrachtet wird? Was muss getan werden, damit Ihre Arbeit im interdisziplinären Kontext noch mehr Gehör findet?

Wir arbeiten immer sehr eng mit den Architekt*innen zusammen – dennoch gilt auch für uns: „Schuster, bleib bei deinen Leisten.“ Für jede Disziplin gibt es Expert*innen, das gilt sowohl für die Architekt*innen als auch für uns Landschafts- und Gartenplaner. Tatsächlich wurde die Gestaltung des Gartens in der Vergangenheit häufig eher stiefmütterlich behandelt. Da überdies die Grenzen zwischen den Feldern der Architektur, Stadt-, Freiraum- und Landschaftsplanung häufig fließend sind, ist es umso wichtiger, fächerübergreifend zu arbeiten. Wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen, eine offene und direkte Kommunikation pflegen, können tolle Ergebnisse erzielt werden. Wir erleben bei unseren Projekten häufig, wie gut dieses Hand-in-Hand Arbeiten funktionieren kann.

Blick von oben auf einen Naturpool in 900 Metern Seehöhe mit glasklarem Wasser

Seit dem Ausbruch der Pandemie wurde in der Baubranche dem Thema Nachhaltigkeit zunehmend mehr Bedeutung beigemessen. Wie nehmen Sie diesen Paradigmenwechsel wahr?

Ich teile Ihre Beobachtungen. Nachhaltigkeit und Umweltschutz wird den Menschen tatsächlich immer wichtiger. Es geht dabei nicht mehr nur darum, was auf dem Teller landet, sondern wie wir einen respektvollen Umgang mit der Natur wahren. Für uns Gartengestalter ist dies die oberste Maxime. Als Mitglied der „European Landscape Contractors Association“ legen wir stets Wert darauf, einen Garten in einen ökologisch wertvollen Lebensraum zu verwandeln und achten dabei etwa auf die Verwendung von heimischen Produkten, Natursteinen und Pflanzen. Darüber hinaus haben wir als Hersteller von Naturpools in den vergangenen vierzig Jahren maßgeblich den Trend zu biologisch aufbereiteten Badegewässern unterstützt. Ein solches Gewässer ist nicht nur ein besonderes Erlebnis für Körper und Geist, sondern macht zudem einen Wasserwechsel obsolet – wodurch wertvolles Trinkwasser gespart wird. Um eine gleichbleibend hohe Wasserqualität zu erhalten, wird das Wasser bei unseren Anlagen durch ein großflächiges Filtersystem über einen Biofilm aufbereitet. Das Wasser wird kristallklar und überzeugt sogar Allergiker – auch Hoteliers setzen daher zunehmend auf biologisch-technische Schwimmteiche.

In den letzten Jahren wurden die Anwendungsmöglichkeiten von extensiven Dach- und Fassadenbegrünungen vielfach diskutiert. Skeptiker behaupten, jene Begrünungen seien unrentabel und würden übermäßig viel Wasser verbrauchen. Wie stehen Sie dazu?

Das sehen wir anders. Gerade in Städten oder dicht bebauten Gebieten mit hohem Anteil an versiegelten Flächen wirkt eine extensive Begrünung nachweislich der Entwicklung von Hitzeinseln entgegen. Sie schützt die Gebäude vor direkter Sonneneinstrahlung, isoliert die Innenräume vor der Hitze und schafft ein wohltemperiertes Umfeld. Darüber hinaus birgt sie den Vorteil, bei Starkregen überschüssiges Wasser aufnehmen zu können. Zudem kommt eine solche Begrünung je nach Pflanzenart durchaus auch ohne Bewässerung aus. Sicherlich verlangt diese Art der Bepflanzung nach einem fachmännischen Zugang – wird sie jedoch richtig ausgeführt, kann ein solcher Grünraum viele Jahre Freude bereiten. Angesichts des Klimawandels und steigender CO2-Werte kann also insbesondere die extensive Dach- und Fassadenbegrünung maßgeblich dazu beitragen, das Klima in den Städten nachhaltig zu regulieren und auf diese Weise den Menschen im urbanen Raum naturnahe Lebensräume zu bieten.

Karl Sailer

Untermühlham 15
AT-4891 Pöndorf
T: +43 07684 73710
E: office@sailer.at
I: www.sailer.at

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Architektur