Betonbau

Geht's auch grüner?

Beton
30.11.2023

Die Bemühungen, das Bauen mit Beton nachhaltiger zu machen, kommen voran: In Kürze kommen sogenannte Performance-Betone auf den Markt, die um rund 30 Prozent weniger CO2 emittieren als Standardbeton.
Schalungen mit Heizung von Doka

Franz Denk ist die Freude anzumerken: „Wir haben bewiesen, dass sie funktionieren und können sie liefern. Ich hoffe, dass sie jetzt rasch in den Ausschreibungen berücksichtigt werden.“ Mit „sie“ meint der technische Geschäftsführer von Wopfinger Transportbeton innovative Performance-Betone, die das Unternehmen entwickelt hat. Die Leistung dieser Betonrezepturen besteht allerdings weniger darin, dass sie mehr können, sondern darin, dass sie weniger emittieren – und zwar das Treibhausgas CO2 bei ihrer Produktion.

Wopfinger Transportbeton war Mitglied in dem Forschungsprojekt RCC2, dessen Ergebnisse vor kurzem präsentiert wurden. Das Ziel war, das Potenzial neuer Betonrezepturen zur Dekarbonisierung zu testen und zu klären, wie diese Rezepturen möglichst rasch am Markt etabliert werden können. Der Name des Projekts war dabei Programm. RCC steht für Reduced Carbon Concrete, 2 verdeutlicht, dass es sich um ein Folgeprojekt gehandelt hat. An RCC2 haben namhafte Unternehmen aus der Baubranche mitgearbeitet: Strabag Real Estate, Doka, Romm ZT, Mischek ZT, bauXund, CarStorCon Technologies, MPA Hartl sowie die Betonhersteller Asamer, Holcim und Wopfinger.

Strabag Real Estate und Wopfinger waren bereits im Vorgängerprojekt RCC1 mit dabei, das vor zwei Jahren beendet wurde. Damals wurde belegt, dass klinkerreduzierte Betonrezepturen einen deutlich niedrigeren CO2-Fussabdruck aufweisen als Standardbetone. Getestet wurden zwei Performance-Rezepturen: Eine für die Güteklasse C30/37, die in Geschossdecken eingesetzt wird – ihre CO2-Emissionen lagen um 29 Prozent unter dem Standard-Wert; die andere für die Güteklasse C25/30, die beim Bau von Wänden verwendet wird – hier lag die CO2-Reduktion bei 24 Prozent. Dazu Wopfinger-Manager Denk: „Dies sind die beiden wichtigsten Betongüten im Hochbau. Damit werden 70 bis 80 Prozent des Bedarfs abgedeckt.“

Das Ergebnis ist umso erfreulicher, da der österreichische Standard-Beton, mit dem hier verglichen wurde, bereits heute „einen deutlich niedrigeren CO2-Fussabdruck aufweist als im europäischen Durchschnitt“, so Thomas Romm, Architekt und Geschäftsführer von forschen, planen, bauen. Bis 2050 will die heimische Zementindustrie die CO2-Neutralität erreicht haben. Dazu Romm: „Beim Nachweis der gleichwertigen Leistungsfähigkeit von CO2-reduzierten Beton geht es um nichts weniger als die Dekarbonisierung des Bauens mit Beton.“

Projekt Soley
Strabag Projekt Soley im Norden Wiens: erstmals mit CO₂-reduziertem Performance-Beton.

Härten mit Heizung

Bei aller Freude über den Erfolg – die CO2-reduzieten Betonrezepturen weisen einen echten Nachteil auf: Sie brauchen länger zum Aushärten, besonders bei niedrigen Temperaturen. Im Alltag auf der Baustelle kann dies zu längeren Bauzeiten und zu höheren Kosten führen, da sich das Ausschalen verzögern kann und damit das Schalungsmaterial länger benötigt wird. Im Projekt RCC2 wurde daher der Prototyp einer intelligent beheizbaren Schalung getestet, der von Doka entwickelt worden ist.

Das Ergebnis: Das Zusammenspiel von beheizter Schalung und Hochleistungs-Beton funktioniert. Die CO2-Reduktion sinkt allerdings bei Güteklasse C30/37 von 29 auf 16 Prozent und bei Güteklasse C25/30 von 24 von 14 Prozent, wenn man bei der Heizung den aktuellen österreichischen-Strommix heranzieht. Wenn die Heizung ausschließlich mit erneuerbarer Energie betrieben wird, erhöht sich die Einsparung wieder. Aus Sicht von Architekt Romm ist das daher ein gangbarer Weg: „Eine heizbare Schalung zur Unterstützung der Frühfestigkeit macht CO2-reduzierten Beton praxistauglich und bringt einen deutlichen Umweltvorteil.“

Die CO2-Bilanz des Betons kann noch weiter verbessert werden, wenn man den Rezepturen technischen Kohlenstoff auf Pflanzenkohlebasis hinzufügt: Der Kohlenstoff entzieht der Atmosphäre das CO2. Fachleute sprechen von Carbon Capture. Im Rahmen des Kooperationsprojekts RCC2+ testeten Mitglieder des Konsortiums derartige angereicherte Rezepturen. Das Ergebnis: Der CO2-Fussabdruck konnte sogar um bis zu 80 Prozent gesenkt werden. Dieser Ansatz ist allerdings noch einige Jahre von der Marktreife entfernt.

Anders ist das im Fall der reinen Performance-Betone. Bei Strabag Real Estate will man deren Praxistauglichkeit erstmals beim Wohnbauprojekt Soley im Norden Wiens unter Beweis stellen. Das Gebäude soll bis 2025 fertiggestellt werden. Lukasz Kujawa, Bereichsleiter Wohnbau bei Strabag Real Estate, der maßgeblich an RCC1 und RCC2 mitgewirkt hat: „Bei den Tests im Projekt haben die Performance-Betone gezeigt, dass die funktionieren.“ Nun gehe es um den Beweis im Alltag. „Jetzt möchte ich sehen, ob mir die Kollegen auf der Baustelle bestätigen, dass er gut zu verarbeiten ist.“

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