Baubeauftragung

Lokalpräferenzen im Vergaberecht

Rechtstipp
22.06.2024

Im Vergaberecht spielen die Grundsätze der Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung eine zentrale Rolle. Dennoch gibt es Situationen, in denen lokale Unternehmen einen Vorteil haben können, ohne dass dies rechtlich unzulässig ist.
Bild Vergaberecht in der Bauwirtschaft

Das gilt, wie (fast) alles im rechtlichen Bereich, nur „grundsätzlich“, aber nicht ausnahmslos. Die Vergabegrundsätze der Bietergleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung sprechen deutlich dagegen. Der Stellenwert dieser Grundsätze ist umso bedeutender, da das österreichische Vergaberecht ganz wesentlich inhaltlich von den EU-Vergaberichtlinien determiniert ist; und diese Richtlinien haben das zentrale Ziel, die Diskriminierung – insbesondere natürlich grenzüberschreitend, also im EU-Binnenmarkt – zu verhindern.

Erlaubte Vorteile

Das bedeutet aber, wie schon angemerkt, noch nicht, dass jede mittelbare „Hilfestellung“ für lokale Unternehmer im Wettbewerb verboten ist. Wenn eine Ausschreibungsbestimmung zunächst sachliche Zwecke verfolgt und verhältnismäßig ist, und dann „nebenbei“ (in nicht überschießendem Maße) auch die Chancen von lokalen Unternehmern unterstützt, kann das erlaubt sein.
Als Beispiel dafür können etwa Reaktionszeiten im Schadens- oder Wartungsfall genannt werden, also eine maximale Zeitdauer, in der ein künftiger Auftragnehmer auf die Meldung eines solchen Falles reagieren können muss. Wenn das nicht in einer überzogenen Weise festgelegt wird, ist es sachlich gerechtfertigt, denn ein Auftraggeber darf selbstverständlich daran Interesse haben, dass (zumindest bestimmte) Schadensfälle möglichst rasch behoben werden. Logisch und unvermeidlich ist, dass dies einen lokal ansässigen Unternehmer bevorzugt; ein anderer Unternehmer kann solche Reaktionszeiten zwar durch Anwesenheit von entsprechendem Personal in entsprechender Entfernung auch gewährleisten, aber das wird ihn regelmäßig etwas kosten (bzw. mehr kosten als den lokal ansässigen Unternehmer).

Lokale Kriterien

Ein anderes Beispiel sind Kriterien der Transportentfernung, also Kriterien, mit denen ein kürzerer An- oder Abtransport bestimmter Materialien oder Bauteile zur bzw. von der Baustelle besser bewertet werden. Das ist, schon wegen des typischerweise geringeren CO2-Ausstoßes bei geringerer Transportweite, grundsätzlich sachlich gerechtfertigt. Dass es außerdem auch wieder lokale Unternehmer etwas bevorzugen kann, macht das nicht generell verboten.
Ein Beispiel, wie es nicht funktioniert, hat die Judikatur im Vorjahr wieder einmal gezeigt, und zwar eine Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts (LVwG) Burgenland vom 12.9.2023, S VNP/13/2023.003/032. Es ging darum, dass die Landesimmobilien Burgenland GmbH eine Rahmenvereinbarung für eine Laufzeit von 4 Jahren ausgeschrieben hatte, und zwar – grob gesagt – für Planungsaufgaben im Burgenland.
In dieser Ausschreibung war unter anderem festgelegt, dass bestimmte Referenzen unterschiedlich bewertet werden: Wenn das Referenzprojekt dem Burgenländischen Baugesetz (Bgld. BauG) unterlag, gab es mehr Punkte dafür.

Versteckte Diskriminierung

Das LVwG entschied, dass dies eine versteckte Diskriminierung nicht im Burgenland ansässiger Bewerber darstelle und daher eine vergaberechtlich (und insbesondere unionsrechtswidrige) Gebietsbeschränkung. Im Burgenland ansässige Bewerber könnten nämlich „regelmäßig mehr im Burgenland realisierte und damit in die Anwendbarkeit des Bgld BauG fallende Referenzprojekte vorweisen“ als andere Bewerber. Es sei auch keine sachliche Rechtfertigung vorgelegen, weil die bloße Anwendbarkeit des Bgld. BauG statt eines anderen Baugesetzes noch keinen qualitativen Unterschied des Referenzprojektes bedeute.

Konkret und sachlich gerechtfertigt

Freilich könnte es auch erlaubt sein, spezifische Erfahrungen mit konkreten (lokal anwendbaren) gesetzlichen Bestimmungen in eine Bewertung einzubeziehen. Dann müsste das aber erstens sehr konkret beschrieben sein, was gemeint ist, und zweitens müsste es sachlich gerechtfertigt sein (also aus dieser „Lokalexpertise“ ein nachvollziehbarer Vorteil für den Auftraggeber hervorgehen). In derart allgemeiner Weise wie im angeführten Fall vor dem LVwG ist das vergaberechtlich nicht zulässig.

der Autor

RA Mag.Thomas Kurz
ist Rechtsanwalt bei
Heid und Partner ­Rechts­­­anwälte GmbH, Kundmanngasse 21,
A-1030 Wien
www.heid-partner.at

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