Interview

"Thermische Sanierung bleibt ein Zukunftsthema"

Wärmedämmsysteme
28.01.2021

Von: Redaktion Handwerk + Bau
Clemens Hecht über Thermische Sanierung, Corona-Krise, Klimaschutz, Kreislaufwirtschaft und das Projekt PolyStyrene Loop.
Portraitfoto von Clemens Hecht, Sprecher der ARGE Qualitätsgruppe Wärmedämmsysteme
Clemens Hecht, Sprecher der ARGE Qualitätsgruppe Wärmedämmsysteme

Haben Sie gute Nachrichten, Herr Hecht?

Clemens Hecht: Mich freut der große Zuspruch, den wir 2020 erfuhren. Zum Beispiel für den Ethouse Award, den wir zum zehnten Mal an vier herausragende energieeffiziente Gebäudesanierungen verliehen haben. Die Siegerobjekte zeigen eindrucksvoll das Einsparungspotenzial: bis zu 86 Prozent weniger Energieverbrauch nach der Sanierung.

Die anvisierten Regierungsgelder für die nächsten Jahre zeigen dazu, dass thermische Sanierung ein Zukunftsthema ist und bleibt. Mit Wärmedämmverbundsystemen (WDVS) haben wir einen wesentlichen Part beizutragen und wir werden uns dafür einsetzen, dass diese Fördergelder abgeholt werden. Verschiedene, unabhängige Organisationen haben auch darauf verwiesen, dass die Maßnahmen der thermischen Sanierung für die Konjunktur genutzt werden können. Über Konjunkturpakete etwas Nachhaltiges für den Klimaschutz tun – das ist fantastisch!

Klar hat jedes Unternehmen durch die Lockdowns „gelitten“. Aber: Es wird gebaut! Wir schauen optimistisch in die Zukunft.

Die Corona-Krise ist eine Stunde der Wahrheit. Welche Erkenntnisse haben Sie als Sprecher der Qualitätsgruppe gewonnen?

Miteinander reden ist das Um und Auf, auch wenn es derzeit mit persönlichen, d. h. direkten Kontakten schwieriger ist. Die Herausforderung dabei ist, klar bzw. klarer und eindeutig bzw. eindeutiger zu kommunizieren. Nachfragen wird mehr Akzeptanz finden müssen und wir uns in Geduld üben. Besonders bei so einem komplexen Produkt wie ein Wärmedämmverbundsystem, das an viele Gewerke grenzt. Da zahlt sich eine stärkere Zusammenarbeit genauso aus, wie sich Qualität bezahlt macht. Es geht nach wie vor um ein funktionsfähiges, energieeffizientes Gebäude, das zum Klimaschutz beiträgt. Der Klimaschutz darf über Covid auf keinen Fall vergessen werden, den können wir nicht verschieben

„Unabhängig von der Pandemie wird die Kreislaufwirtschaft eines der wichtigen Themen sein.“

Clemens Hecht

Post-Corona-Ökonomie: Was ist die neue Normalität in der Branche? Vor welchen Herausforderungen stehen Ihre Mitgliedsbetriebe heute?

Unabhängig von der Pandemie wird die Kreislaufwirtschaft eines der wichtigen Themen sein. Es mag seltsam klingen, aber wesentlich ist auch, auf die Bedürfnisse und Anforderungen der Auftraggeber zu hören. Bei der aktuellen Ausbildungssaison müssen wir Kompromisse eingehen. Dafür werden wir in einer beruhigten Situation mit größerer Intensität vorgehen.

Die Situation hat aufgezeigt, dass Bauen durch Regionalität geprägt ist. Viele Baustoffe, auch die eines WDVS, werden in der näheren Umgebung produziert. Mit Sicherheit ist das ein Branchenvorteil.

Welche Schlüsse zieht die Qualitätsgruppe für ihre Tätigkeiten? Wohin zeigt der Kompass und von was wird Erfolg und Scheitern abhängen?

Wir werden uns noch stärker als einer der wichtigsten Partner für thermische Sanierung positionieren. Das heißt Entscheidungsträger in allen Bereichen mehr informieren und einbinden, Ausführende mit Ausbildungsprogrammen und der Verarbeitungsrichtlinie weiter und stärker unterstützen. Bewusstseinsarbeit ist essenziell. Für einen energieeffizienten Gebäudebestand müssen wir alle gemeinsam an einem Strang ziehen.

International zeigt die Richtung schon lange hin zu einer europäischen Normung für den Vollwärmeschutz mit Wärmedämmverbundsystemen. Damit der Qualitätsstandard als Produkt und als fertig ausgeführte Fassade steigt, u. a. sich die Qualifikation der Ausführenden international angleichen wird. Wir haben uns dafür über das das österreichische Normungsinstitut engagiert und sind auf die Schlussgerade eingebogen.

Megatrend Neo-Ökologie weist technologische Innovation als Treiber des Wandels aus. Welche Rolle nehmen Wärmedämmverbundsystemdabei ein?

Hier sind vor allem die Mitgliedsunternehmen gefragt, die die Qualtiätsgruppe unterstützt. Zum Beispiel mit unserem Engagement im PolyStyrene Loop für das EPS- und XPS-Recycling, für das die Pilotanlage in Holland entsteht. Langfristig betrachtet ist die Kreislaufwirtschaft die Bedingung für unser Leben. Ich gehe davon aus, dass alle anderen Dämmstoffe hier nachziehen werden. Erste Anzeichen sind bereits klar zu erkennen. Ich bin davon überzeugt, dass wir da noch einige Überraschungen erleben werden.

ARGE Qualitätsgruppe Wärmedämmsysteme (QG WDS):

Die Qualitätsgruppe Wärmedämmsysteme ist eine Arbeitsgemeinschaft der größten Anbieter von Wärmedämmverbundsystemen in Österreich: Baumit, Capatect, Röfix und Sto. Ein Großteil aller in Österreich verarbeiteten Wärmedämmverbundsysteme kommt aus den Betrieben dieser Unternehmen. Ziel der ARGE QG WDS ist es, private und öffentliche Bauherren über die Vorzüge von Vollwärmeschutz zu informieren und die Verarbeitungsqualität zu steigern. Dafür gibt die QG eine Verarbeitungsrichtlinie (VAR) heraus und hat die Ausbildung zum zertifizierten WDVS-Fachverarbeiter (ZFV) initiiert.