Kunst und Kultur

Elementare Erlebnisse

Design
19.09.2024

Salz, Wasser und Holz: Das Salzkammergut ist als Sehnsuchtsort geprägt von Geschichten und Geschichte. Im Rahmen der Europäischen Kulturhauptstadt Bad Ischl Salzkammergut 2024 werden heuer unterschiedliche Projekte zeitgenössischer Kunst und Kultur vor den Vorhang geholt: Das Element Holz spielt dabei eine wesentliche Rolle, wie eine Auswahl der Programmhighlights zeigt.
BLO - Projekt gegen Besitzdenken
Das Projekt Plateau Blo von „raum&designstrategien“ der Kunstuniversität Linz widmet sich dem Umgang mit den begehrten Uferzonen des Traunsees und ist damit ein Statement gegen exklusives Besitzdenken.

Platz am Wasser

Die Ufer der Salzkammergut-Seen sind nicht nur enorm schön, sondern auch vielfach schwer erreichbar. Sie sind entweder Privathäusern und Hotels zugeordnet, werden von Durchgangsstraßen tangiert oder sind nur vom See aus zugänglich. Das Projekt Plateau Blo von „raum&designstrategien“ der Kunstuniversität Linz widmet sich dem Umgang mit den begehrten Uferzonen des Traunsees: Es bildet ein Statement gegen exklusives Besitzdenken, eine dynamische Position für offenes Denken und schafft einen Ort für neue Perspektiven auf See, Landschaft und Architektur. Wie mobile Bauplätze bewegen sich vier Plattformen über den See – allesamt unterschiedlich konfiguriert und variabel bespielbar: Plattform 1 ist offen und weitgehend leer. Plattform 2 ist eine Forschungsstation für Artists in Residence. Plattform 3 dient Performances und Ausstellungen, auf Plattform 4 steht eine ganzjährig nutzbare Sauna.

Bitte warten!

Uff, Bushaltestellen. Wahrlich alles andere als Sehnsuchtsorte, prägen die in die Jahre gekommenen Betonwartehäuschen das Bild des öffentlichen Verkehrs im Salzkammergut. Schüler*innen der HTBLA Hallstatt wurden im Rahmen eines Agenda 21-Impuls-Projekts von der Gemeinde Scharnstein eingeladen, Pläne für die Erneuerung zu erarbeiten.

Bild Haltestelle

Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Heimische Handwerksunternehmen verwandelten nach dem Entwurf der jungen Holztechniker*innen ein Wartehäuschen in eine moderne, attraktive Busstation. Die „Kultur.Bus.Haltestelle“ ist barrierefrei und hat eine energiesparende, sensorgesteuerte LED-Beleuchtung mit Zeitschaltuhr. Eine der Seitenwände wurde ausgeschnitten, damit Busfahrer wartende Fahrgäste besser sehen können. Ein Innenausbau aus Almtaler Tannen- und Fichtenvollholz macht das Warten sogar gemütlich und ein Schaukasten informiert über aktuelle Veranstaltungen. Mittlerweile gibt es in der Gemeinde Altmünster sogar eine zweite Haltestelle dieser Art – und hoffentlich kommen noch viele dazu.

Durchgängig nachhaltig

Holz ist ein veritabler Alleskönner und als Rohstoff besonders klimafreundlich, weil er bei seiner Entstehung im Wald CO2 bindet. Und nicht nur das: Im Einsatz am Bau bleibt dieser Speicher über die gesamte Lebensdauer erhalten. Die begehbare Installation „woodpassage“ von Künstlerin Andrea Gassner und Architekt Hermann Kaufmann sowie Maren Kohaus von der TU Wien macht die Bedeutung der Ressource Holz sichtbar.

Passage aus Holz

Zudem soll das Projekt aufzeigen, welche Möglichkeiten der Rohstoff bietet, wenn es um klimapositive Strategien im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung und Rettung unseres Planeten geht. Die „woodpassage“ ist seit Anfang Juni am Marktplatz in Bad Goisern erlebbar. Ergänzend dazu gibt die App „Wood Goes Europe“ einen Überblick zu hunderten Wald- und Holz-Hotspots in der Region.

Der Natur ein Zuhause

Fünf Minuten vom Badesee St. Konrad findet sich am malerischen Kotbach-Wanderweg eine Hausform, die auf natürliche Art und Weise ein Zuhause für die Pflanzen- und Tierwelt schafft: Ein Geflecht aus Holzlatten, realisiert von Künstler Herbert Egger. Der international bekannte Bad Goiserner hat eine Skulptur geschaffen, die in ihrer Materialität mit der Zeit verwittert und somit der Natur die Möglichkeit gibt, sich iher zu bemächtigen.

Haus aus Geflecht aus Holz

Die Menschen in St. Konrad sollen entscheiden, ob überhaupt und wenn ja, ab welchem Verwitterungsgrad die Skulptur wieder entfernt werden soll. Für Egger stellt das Projekt namens Global Home die Symbiose zwischen Mensch und Natur in den Mittelpunkt: „Wo der Mensch sich ausbreitet, muss die Natur weichen oder sich verändern. Das richtige Maß der Naturnutzung wird immer Thema bleiben. Durch Global Home entsteht ein kleinräumiges Ökosystem, das nach den Plänen und Gesetzen der Natur funktionieren wird. Die Natur hat Zeit, keine Termine, keine Öffnungszeiten, kein Ende. Der Mensch bleibt draußen als stiller Beobachter.“

Auf den Kopf gestellt

Als Künstler Simon Starling einen in die Jahre gekommenen Schuppen aus den 1950er-Jahren im Herzen Hallstatts entdeckte, wurde die Idee geboren, das bescheidene Bauwerk, das durch ein natürliches Astloch in der Frontfassade auffiel, nachzubauen. Aber nicht nur das: Starling stellte den Schuppen auf den Kopf und macht daraus eine begehbare Camera Obscura, die auf natürliche Weise das von ihr projizierte Bild umdreht.

Auf den Kopf gestellter Holzschuppen-Nachbau
Camera Obscura im invertiertem Holzschuppen

Um den Kopfstand zu verdoppeln und die Verwirrung perfekt zu machen, wurde kurzerhand auch der Schuppen umgedreht – der Hallstätter See Pavillon (Inverted) gibt so den umgekehrten Blick Richtung Obertraun frei. Künstlerkollege und Bildhauer Wolfgang Müllegger übernahm nach Starlings Plänen die komplette Koordination und alle Zimmererarbeiten. Der aus Fichtenholz gefertigte Pavillon steht nun auf seinem Dachfirst am Fuße des Hallstätter Sees und stellt den Bezug zum Wasser und der Landschaft.

Schwimmender Diskurs

Wenn es um Wohlstand geht, gibt es viel zu diskutierten: Welche Bedeutung erlangt der Begriff, wenn keine oder wenige Möglichkeiten und Ressourcen vorhanden sind? Das Projekt „Wohlstand – Afterparty“ widmet sich in seiner Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen und sozialen Unterschieden und Abgründen dieser Frage. Die Basis ist ein Kollektiv aus Handwerker*innen, Bildhauer*innen und Kulturarbeiter*innen, das auf Initiative des Geschwisterpaares Julia und Wolfgang Müllegger entstand.

Skulptur in Form einer Plätte
Skulptur aus einer Plätte

Die Idee: handwerkliches Können mit zeitgenössischer künstlerischer Ausdruckskraft und relevanter Inhaltlicher Auseinandersetzung zu verschränken. Gemeinsam mit dem Wiener Künstler Georg Holzmann entwickelte Müllegger eine Skulptur in Form einer Plätte. Auf der Wasserstraße entlang der Donau war die Skulptur im Herbst 2023 durch die Slowakei, Ungarn bis zum Bega Kanal und schließlich gegen den Strom in Rumänien Richtung Temeswar unterwegs – immer begleitet durch die Künstlerin und Radiomacherin Uli Loskot. Als Recherchereise sollte die Plätte als Kunstobjekt Diskussionsstoff liefern, Vorurteile aufzeigen und die Skurrilität von Wohlstand im 21. Jahrhundert beleuchten. Seit Frühjahr 2024 ist sie auseinandergebaut und in vier Teilen als temporäre Skulptur in Bad Aussee zu sehen.  

Fensterlgucker

In malerischen Ambiente des Kaiserparks werden Anfang September im Rahmen eines einwöchigen Workshops für Fachleute aus ganz Österreich historische Kastenfenster der Kaiservilla Bad Ischl saniert. Dabei wird die gesamte Bandbreite der Fensterinstandsetzung vermittelt: Von der Befundung und Schadensanalyse über das zerstörungsfreie Ausglasen, der Abnahme von Beschichtungen, die korrekte Untergrundvorbereitung bis zum Aufbau und der Ausführung von Leinölanstrichen.

Holzfensterrenovierungsarbeiten

Alle, die einen Blick auf die Ergebnisse machen wollen, haben am 6. September von 11 bis 14 Uhr im Rahmen des Tages der offenen Baustelle die Möglichkeit. Gespräche mit Kursteilnehmenden und Workshopleiter*innen liefern tiefere Einblicke in die traditionellen Handwerkstechniken.

Anmeldungen unter mauerbach@bda.gv.at
www.salzkammergut-2024.at

Branchen
Tischlerei