Energieeffizienz

Neue EU-Gebäuderichtlinie EPBD

Europäische Gebäuderichtlinie
10.04.2024

 
Die neue EU-Gebäuderichtlinie schreibt in Zukunft Nullemissionsgebäude und anspruchsvolle Sanierungsziele vor. Nachfolgend ein Ausblick auf die kommenden Herausforderungen bei der Umsetzung.
EU Fahne

Die aktuelle EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (Energy Performance of Building Directive, kurz EPBD) stammt aus dem Jahr 2010 und ist in Österreich hauptsächlich in der OIB-Richtlinie 6 „Energieeinsparung und Wärmeschutz“ umgesetzt. Dort wird unter anderem das sogenannte „Niedrigstenergiegebäude“ definiert, welches seit 1.1.2021 den Mindeststandard für neue Gebäude darstellt. Aber auch das Energieausweis-Vorlagegesetz ist eine Umsetzung der EPBD und verpflichtet Verkäufer und Vermieter von Gebäuden und Wohnungen zur Vorlage eines Energieausweises gegenüber Käufern bzw. neuen Mietern.

Überarbeitungsprozess

Die EPBD wird auf EU-Ebene seit einigen Jahren überarbeitet und wurde hinsichtlich der neuen Mindeststandards heftig diskutiert. Klimaschutz versus Machbarkeit und Leistbarkeit waren dabei die Konfliktstellungen. Doch nun wurde die neue EPBD im EU-Parlament am 13. März 2024 verabschiedet und muss ab dem Jahr 2026 in allen 27 EU-Mitgliedsstaaten umgesetzt werden.

Was will die neue EPBD?

Die Neufassung der EPBD soll alle Gebäude der EU bis 2050 an die Nachhaltigkeitsziele des „European Green Deal“ anpassen (Green Deal = Paket politischer Initiativen, mit dem die EU bis zum Jahr 2050 klimaneutral werden will). Das Ziel der neuen EPBD ist die vollständige Dekarbonisierung des Gebäudesektors in der EU in den nächsten 26 Jahren. Die Europäische Kommission berechnet, dass 40% des Endenergieverbrauchs durch den Gebäudebestand verursacht werden. Da für Gebäudeheizungen hauptsächlich fossile Energieträger (Erdgas 39%, Erdöl 11% und Kohle 3%) eingesetzt werden, fallen hier 36% der Treibhausgasemissionen an. Diese hohen Anteile am Energieverbrauch und an der gesamten Klimabelastung haben letztlich zu den ambitionierten Zielsetzungen der neuen EPBD geführt.

Hebel zur Umsetzung

Die neue EPBD sieht drei wesentliche Hebel für die rasche Umsetzung der Ziele vor:
1.    Neue nationale Minimum Energy Performance Standards (MEPS = Minimumeffizienzstandards).
2.    Ausreichende Finanzierung.
3.    Umfassende technische Beratung für die Renovierung.
Die umfassende technische Beratung soll in neu einzurichtenden „One-Stop-Shops“ erfolgen. Dort soll u.a. der neue „Renovierungspass“ ausgestellt werden. Er soll freiwillig sein und festlegen, in welchen Schritten vor 2050 ein Gebäude zu einem Nullemissionsgebäude werden kann. Wesentlich bei der Umsetzung der Ziele ist auch, dass europaweit ausreichend Fachkräfte (in Planung und Ausführung) verfügbar sind und diese über die erforderlichen „Green Skills“ verfügen.

Neuer Renovierungsplan für Gebäude

Die EPBD verpflichtet die Mitgliedsstaaten, einen sogenannten „Nationalen Gebäuderenovierungsplan“ zu erstellen, der die bisherige „Langfristige Renovierungsstrategie“ ersetzen wird. Die EPBD sieht vor, dass dieser Plan der Europäischen Kommission bis Ende 2025 als Entwurf vorzulegen ist und mit 1.1.2027 in Kraft tritt. 

Neues Nullemissionsgebäude

Bis 2050 sollen grundsätzlich alle Gebäude den Status eines „Nullemissionsgebäudes“ (eine neue Kategorie) erlangen. Ab 2030 sind alle neuen Gebäude (ab 2028 alle neuen öffentlichen Gebäude) als Nullemissionsgebäude zu errichten. Der anzustrebende Standard von Nullemissions-
gebäuden gilt ab 1.1.2030 auch für umfassende Renovierungen. Damit ist eine Renovierung mit dem Grundsatz „Energieeffizienz an erster Stelle“ gemeint. Ausnahmen (z.B. für die Landwirtschaft, die Landesverteidigung, denkmalgeschützte oder architektonisch wertvolle Gebäude, etc.) sind möglich. Generell sind Renovierungen nur dann durchzuführen, wenn sie technisch, funktionell und ökonomisch machbar sind.

Renovierungen gegen Energie­armut

Einerseits führen Gebäuderenovierungen zu geringeren Energiekosten, welche Gebäudebesitzer und Haushalte entlasten und somit auch Energiearmut reduzieren. Unter Energiearmut wird der fehlende Zugang eines Haushalts zu essenziellen Energiedienstleistungen verstanden, der ein angemessenes Maß an Lebensstandard und Gesundheit sichert, wie z.B. Warmwasser oder Heizen. Laut EPBD muss aber von den EU-Mitgliedsstaaten auch sichergestellt werden, dass die sozialen Auswirkungen der Kosten für die Renovierungen begrenzt werden (z.B. durch finanzielle Anreize).

Zielpfade für Energieeffizienz

Die neuen „Minimum Energy Performance Standards“ (Minimumeffizienzstandards, kurz MEPS) geben vor, welche Ziele zu bestimmten Zeitpunkten (sogenannte Zielpfade) von den Mitgliedstaaten zu erfüllen sind. Für die Jahre 2030, 2040 und 2050 sind derartige Zielpfade vorgesehen. Über die Zielpfade und deren Erreichung ist der Europäischen Kommission regelmäßig zu berichten. Ein möglicher neuer MEPS ist das „Lebenszyklus-Treibhauspotenzial“ (englisch „Global Warming Potential“). Damit ist ein Indikator gemeint, der anhand einer Lebenszyklusanalyse betrachtet, welchen Beitrag ein Gebäude von den ersten Grabungsarbeiten über die Nutzung bis zu Abriss und Deponierung zum Klimawandel leistet. Das „Lebenszyklus-Treibhauspotenzial“ ist jedenfalls für neue Gebäude offenzulegen. 
Der Primärenergieverbrauch des Wohngebäudebestandes muss schrittweise reduziert werden. Bis zum Jahr 2030 sollen 16%, bis zum Jahr 2035 20-22% des durchschnittlichen Primärenergieverbrauchs eingespart werden. Dazu kommt, dass 55% der Einsparungen des durchschnittlichen Primärenergieverbrauchs durch Renovierung der Wohngebäude mit der schlechtesten Energieeffizienz vorzunehmen sind. 
Beim Bestand der Nichtwohngebäude (Stichtag 1.1.2020) haben bis zum Jahr 2030 16% die dann geltenden Schwellenwerte einzuhalten und bis zum Jahr 2033 26%. Hier kann Österreich u.a. entscheiden, ob auf den Primär- oder auf den Endenergieverbrauch abgestellt werden soll.
Der Betrieb von mit fossiler Energie betriebenen Heizkesseln wird spätestens im Jahr 2040 auslaufen. Die EPBD sieht grundsätzlich vor, dass Heizkessel dann weiterbetrieben werden können, wenn sie erneuerbare Energieträger (z.B. klimaneutrale Gase) einsetzen. Die Details sind national umzusetzen.

Solarenergie

Die Installation von Solarenergie war bis zum Schluss der Verhandlungen zur EPBD umstritten. Die vorliegende Regelung ist sehr detailliert. Allgemein ist Solarenergie nur dann zu installieren, wenn sich das Gebäude technisch dazu eignet sowie die Installation wirtschaftlich und funktionell machbar ist. Für neue Gebäude (generell ab 1.1.2030) und den Bestand von öffentlichen Gebäuden bzw. von Nichtwohngebäuden sind konkrete Fristen für die Installation vorgesehen (grundsätzlich ab 2027 verpflichtend). Die EPBD sieht für Wohngebäudebestand keine Pflicht zur Installation von Solarenergie vor, stellt es aber den Mitgliedsstaaten frei, dies in ihren Nationalen Gebäuderenovierungsplänen zu regeln.

Mobilität

Die EPBD sieht weiters umfangreiche Pflichten für den Einbau von Ladepunkten für die E-Mobilität vor. Die Zahl der zu installierenden Ladepunkte hängt davon ab, wie viele Parkplätze im Gebäude oder unmittelbar daran angrenzend vorhanden sind. Zusätzlich sind entweder Vorverkabelungen durchzuführen oder Leerverrohrungen vorzunehmen. Zusätzlich sind verpflichtend Fahrradabstellplätze zu schaffen. Mieter und Miteigentümer sollen weiters das Recht bekommen, Ladepunkte installieren lassen zu dürfen.

Umsetzung in Österreich

Viel wird nun von der nationalen Umsetzung abhängen, für die 24 Monate ab Veröffentlichung der neuen EPBD vorgesehen sind. Die in der Richtlinie noch nicht näher konkretisierten Konzepte (z.B. das Nullemissionsgebäude), werden in den nächsten Jahren noch umfangreiche Abstimmungen mit sich bringen. Da es sich bei Energie und Wärme grundsätzlich um die Zuständigkeit der Bundesländer handelt, werden diese die Vorgaben der EPBD u.a. im Baurecht, im Speziellen in den OIB-Richtlinien 6 und 7, umsetzen. Wie bisher werden dabei die Fäden im Österreichischen Institut für Bautechnik (OIB) zusammenlaufen. WKÖ und Bauinnung werden diesen Prozess bestmöglich in Richtung praxisgerechter und leistbarer Umsetzung begleiten und – falls erforderlich – gegen Gold Plating auftreten.

Grafik

Info

Weitere Informationen – Webinar zur EPBD mit Link zum Richtlinientext und Folien: hier

Autoren: Dr. Heinz Pecina, Umweltpolitische Abteilung der WKÖ 
und DI Robert Rosenberger, Geschäftsstelle Bau WKÖ