LCM-KOLUMNE

Vom Silodenken hin zum Last Planner

Lean Management
02.11.2021

Wie die praktische Umsetzung von Lean Management am Bau funktioniert und welche Rolle Kollaboration und Transparenz dabei spielen.

Gleich vorweg, die Umsetzung von Lean Management auf der Baustelle bedeutet keinen zeitlichen Mehraufwand, sondern entspricht vielmehr einem Sowieso-Aufwand. Der wesentliche Unterschied zum traditionellen Baustellenmanagement besteht in der gemeinsamen Inter­aktion der Projektbeteiligten, anstatt einer abgegrenzten Vorgehensweise eines jeden einzelnen Teams ("Silodenken").

Im Bauwesen wurde für das Lean Management noch das Wort "Construction" eingefügt, und als Methode wurde, basierend auf den allgemeinen Lean-Werkzeugen, das Last-Planner-System Anfang der 1990er-Jahre von Glenn Ballard und Gregory Howell entwickelt. Die wesentlichsten Merkmale sind:

  •  Bestellung des Kunden löst eine Wertschöpfungskette aus.
  • Kollaborative Planung der Projektbeteiligten.
  • Anwendung des Pull-Prinzips, d. h. vom fertigen Bauwerk wird zum Beginn der Arbeiten hin geplant.
  • Anwendung des Fluss-Prinzips, d. h. die Prozessabfolge soll gleichmäßig, ohne Lagerbildung, Stau und Wartezeiten, erfolgen.
  • Treten Probleme auf, wird gemeinsam nach einer Lösung gesucht, und diese fließt in den kontinuierlichen Verbesserungsprozess ein.
  • Visualisierung der Tätigkeiten und des Managements.

Wer sind die "Last Planner"?

Im Prinzip sind die Last Planner jene Projektbeteiligten, die in der Umsetzung die letzten Weisungsbefugten sind. In der Planungsphase sind dies beispielsweise der Bauherr, Architekt, Fachplaner und ggf. die Baufirmen (Early Contractor Involvement) und in der Ausführungsphase die Bauherrenvertreter, Planer bzw. die Vorarbeiter, Poliere oder Bauleiter von den Baufirmen inklusive deren Subunternehmern.

Was sind die Voraussetzungen?

  • Commitment der Projektbeteiligten
  • "Big Room" – Ausreichend großer Besprechungs- und Planungsraum für die Werkzeuge (z. B. Plantafeln) und das Zusammentreffen der Last ­Planner.

Umsetzung des Last-Planner-Systems

Für das Kennenlernen der Projektbeteiligten ist ein Trainingsworkshop zur Vermittlung der Lean-­Prinzipien zu empfehlen. Oftmals werden Simulationsspiele integriert, die gleichzeitig einen Teambuilding-­Charakter haben. Danach wird die Gesamtprozessanalyse (GPA) gestartet. Ziel ist es, ein gemeinsames Verständnis über den Projektlieferprozess und die Anforderungen bzw. den Bedarf aller Projektbeteiligten zu erheben. Im nächsten Schritt erfolgt die Erstellung eines Meilenstein- und Phasenplans (MPP). Hierbei wird auf Wochenbasis vom Projektende nach vorne ein Ablauf ermittelt (Festlegung eines Gewerkezugs).

Resultiert eine zu lange Durchlaufzeit, so werden durch definierte Taktbereiche und Parallelisierung der Tätigkeiten eine Optimierung des zeitlichen Ablaufs herbeigeführt. Ziel ist es, eine Harmonisierung der Prozesse zwischen den Gewerkepartnern zu erreichen und eine "gemeinsame Pufferzeit" zu generieren. Im letzten Schritt wird tagesgenau eine Mehr­wochenvorschau (in der Regel sechs Wochen) auf Basis des MPP durchgeführt. Diese Planung wird in weiterer Folge wöchentlich evaluiert. Dabei erfolgt eine Rückschau auf die Vorwoche und eine Analyse über die nicht eingehaltenen Zusagen, damit aus den Ursachen Verbesserungen für den weiteren Ablauf generiert werden können. Das ist auch einer der entscheidenden kulturellen Punkte. Je transparenter und konstruktiver über die Probleme bzw. Ursachen von Störungen und Verzögerungen zwischen den Projetbeteiligten gesprochen wird, desto höher ist das Potenzial, nachhaltig diese Themen zu eliminieren, und das Projekt ökonomischer abzuwickeln.

Praxistipp

Vermitteln Sie den Projektbeteiligten insbesondere das kollaborative Element des Lean-Construc­tion-Managements, damit das Last-Planner-System nicht ausschließlich auf die Werkzeuge, sprich Plantafeln und Klebezettel, reduziert wird, sondern das Potenzial der neuen Projektkultur am Bau – miteinander anstatt gegeneinander – gehoben werden kann. Denn eine gute Projektstimmung bewirkt in der Regel eine bessere Projektstabilität. (uw)

Branchen
Bau