Baubewilligungsverfahren

Änderungen der Rechtslage während eines Bauverfahrens

Baurecht
20.09.2022

Ändert sich die geltende Rechtslage während eines Baubewilligungsverfahrens, stellt sich die berechtigte Frage, welches konkrete Recht anzuwenden ist – jenes Recht vor oder jenes nach der Änderung der Rechtslage.

Bauverfahren und deren Bewilligungen können in der Praxis oft einen sehr langen Zeitraum in Anspruch nehmen. Dabei kann es auch vorkommen, dass sich während eines solchen Verfahrens das anzuwendende Recht und geltende Bestimmungen ändern. Dies ist besonders dann problematisch, wenn solche Änderungen Auswirkungen auf den Ausgang eines laufenden Baubewilligungsverfahrens haben. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) findet für Baubehörden im Baubewilligungsverfahren grundsätzlich jenes Recht Anwendung, welches im Zeitpunkt des Erlassens eines Bescheides gegeben ist. Wann ein Baubewilligungsverfahren durchlaufen und beschlossen ist, hängt von der jeweiligen Baubehörde ab. 

Dass unter Umständen eine raschere Entscheidung über ein Baubewilligungsverfahren durch die Behörde möglich gewesen und es dadurch zu einem anderen Ausgang des Verfahrens gekommen wäre, steht dem neu anzuwendenden Recht nicht im Wege. In solchen Situationen bedarf es der notwendigen Abänderungen der bereits eingereichten Unterlagen, um eine Bewilligung durch die Behörde zu erhalten.

Übergangsbestimmungen und "altes" Recht

Anderes gilt allenfalls nur, wenn der Gesetzgeber Übergangsbestimmungen von einer zur anderen Rechtslage erlässt und dabei zum Ausdruck bringt, dass auf bereits laufende Verfahren weiterhin das "alte" Recht anzuwenden ist. 
In der Regel knüpfen solche Bestimmungen an bestimmte Stichtage oder Zeiträume an. Dabei ist darauf zu achten, dass diese Übergangsbestimmungen als Anmerkungen in Gesetzen angeführt sein können. Die bisher geltenden Rechtsvorschriften sind dann weiterhin einschlägig, die Baubehörde hat nach altem Recht zu entscheiden.

Maßgebende Entscheidung – VwGH 2003/06/0044

In dem konkreten Anlassfall hatte der VwGH über eine Beschwerde zu entscheiden, in der eine Bauherrin gegen die Abweisung ihres Baugesuchs – aufgrund des Widerspruchs des Bauvorhabens zum Bebauungsplan – vorging. 

Neuer Bebauungsplan ändert die Regeln 

Die Bauherrin reichte somit ihr Bauvorhaben bei der dafür zuständigen Baubehörde ein und suchte dort um Erteilung der behördlichen Bewilligung an. Gebaut werden sollte eine Wohnanlage in einem Gemeindegebiet. Das Baugesuch sowie darauffolgende Berufungen wurden von der Behörde als unbegründet abgewiesen. 

Die Behörde begründet ihre Entscheidung damit, dass während des Bewilligungsverfahrens des Bauvorhabens zwischenzeitlich ein ergänzender Bebauungsplan erlassen wurde, dieser mittlerweile in Kraft getreten ist und infolgedessen die eingereichte Wohnanlage die höchstzulässige Bebauungsdichte überschreite. 

Im Instanzenzug reichte die Bauherrin schluss­endlich Beschwerde ein und beanspruchte die inhaltliche Rechtswidrigkeit und die Rechtswidrigkeit aus der Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der VwGH kam zu dem Ergebnis, dass die Baubewilligungs- und Berufungsbehörde in zweiter Instanz zutreffend den neuen Bebauungsplan in das Verfahren miteinbezogen hat. Das eingereichte Bauvorhaben hat richtigerweise dem ergänzenden Bebauungsplan zu entsprechen, obwohl es bereits vor dessen Inkrafttreten eingereicht wurde. Der VwGH hat infolgedessen die Beschwerde abgewiesen.

Fazit

Trotz bereits eingereichter Bauunterlagen kann es zu Änderungen der geltenden Rechtslage kommen. Der bestimmende Zeitpunkt ist jener, in dem ein Baubewilligungsbescheid erlassen wird. Ändern sich baurechtliche Bestimmungen vor dem Erlassen des Bescheids, so sind diese einzuhalten. Stets ist jedoch darauf zu achten, ob Übergangsbestimmungen für das abgeänderte Recht vorgesehen sind.

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Bau