Interview: Klare Worte

"Nicht, wer am lautesten schreit"

Interview
02.10.2024

Stephan Bothen, Österreich-Geschäftsführer des Baumaschinenhändlers Zeppelin, findet im Gespräch mit der Bauzeitung „Klare Worte“. Er sagt, was er sich von der Politik wünscht: ein klares Signal - vor allem für mehr Wachstum.
Zeppelin Österreich-Chef Stephan Bothen
Zeppelin Österreich-Geschäftsführer Stephan Bothen im Interview mit der Bauzeitung.

Stephan Bothen über das laufende Geschäft: Das Geschäft ist okay für die Rahmenbedingungen, die wir haben. Wir sehen ja die Situation am Bau – vor allem im Wohnbau. Die Nachfrage im Baumaschinenvertrieb hat sich in den vergangenen zwei Jahren spürbar abgeschwächt. Aber ich beschwere mich nicht. Es trifft ja alle. Damit müssen wir umgehen.

Echte Erholung erst in 2026

Mit welchem Ergebnis er heuer rechnet: Das ist schwer vorherzusagen. Das Jahresende ist in unserem Geschäft ein wenig wie eine Überraschungsdose. In manchen Jahren läuft es gut, in anderen weniger. Ich rechne aber alles in allem damit, dass wir heuer beim Absatz um fünf bis zehn Prozent unter dem Vorjahr liegen.

Wann das Geschäft wieder anziehen wird: Ich glaube nicht, dass wir erst 2026 eine echte Erholung sehen werden. Das BIP soll 2025 wieder wachsen, aber das ist Glaskugel lesen. Die Entwicklung hängt stark von den Wahlen ab. Im Moment haben wir ein Vakuum. Da passiert nicht viel. Nach der Wahl werden die Parteien sich erst finden müssen. Ein großes Investitionspaket wie während der Corona-Pandemie erwarte ich eher nicht.

Was er sich von der Politik erhofft: Ich bin niemand, der ständig nach Förderungen ruft. Was die Wirtschaft und die Unternehmen brauchen, ist vor allem eines – Sicherheit. Und damit meine ich nicht den doppelten Boden, sondern Planbarkeit: Was hat die Politik vor? Wohin geht die Reise? Worauf müssen wir uns einstellen?

Und was noch: Ich würde mir ein klares Signal wünschen – eine klare Aussage: Wir wollen wieder wachsen. Dafür investieren wir in folgende Technologien und in folgende Infrastruktur. Ich bin der Meinung, dass wir in Österreich und in der EU stark auf das Thema Künstliche Intelligenz setzen sollten. Das ist ein Technologiefeld, auf dem wir global noch nicht völlig abgehängt sind. Wir brauchen dabei nicht den Anspruch haben, den USA und China die Führungsrolle abzunehmen. Aber auf Augenhöhe mit Ihnen sollten wir uns schon bewegen können.

Was die Politik tun kann, um das Thema KI zu forcieren: Die Politik kann den Rahmen schaffen. Mit gezielten Anreizen und vor allem mit weniger Regulierungen. Regelungen sind wichtig, aber wir haben in Österreich und in der EU die Neigung zur Überregulierung.  Das macht den Unternehmen das Leben immer schwerer. Es gilt, kritisch zu analysieren: In welchem Bereich brauchen wir was, und worauf können wir verzichten? Es kostet Zeit und Geld, wenn man die 750ste ÖNORM auch noch zu erfüllen hat. Die Ressourcen, die ich da investieren muss, fehlen mir woanders – zum Beispiel beim Ausbau des Standorts oder bei der Entwicklung neuer Technologien.

Wo Österreich sich nicht zu verstecken braucht: Im Bereich der Infrastruktur ist in den vergangenen Jahren viel passiert. Es gibt eine Reihe von Ländern, wo das ganz anders ausschaut – zum Beispiel in einem Nachbarland nördlich von Österreich. Unser Autobahnnetz ist top ausgebaut. Der Mobilfunk funktioniert. Und auch bei der nachhaltigen Energieversorgung stehen wir vergleichsweise gut da.

Wie wir als Gesellschaft mit heißen Themen umgehen sollten: Das Thema Energie ist ein gutes Beispiel. Es bietet viel Sprengstoff. Man kann diskutieren, ob man Windparks schön findet oder nicht. Man kann erörtern, ob das neue Wasserkraftwerk Raubbau an der Natur bedeutet. Aber wichtig ist, dass wir das so sachlich wie möglich machen. Auf Basis der Fakten. Was kostet der Ausbau der Wasserkraft wirtschaftlich und ökologisch? Was bringt er? Dann gilt es abzuwägen: Sind die Kosten vertretbar, wenn wir dafür grünen Strom bekommen und die CO2-Emissionen senken, oder sind sie es nicht?

Und was er sich wünscht: Ich wünsche mir, dass wir positiv bleiben. Nicht alles schönreden – das meine ich nicht. Sondern eine transparente Sicht auf die Dinge schaffen und dann vernünftig miteinander reden. Am Ende gewinnt nicht, wer am lautesten schreit, sondern wer die besten Argumente hat. Ich verstehe nicht, warum wir es in Österreich und in der EU nicht schaffen, als Einheit aufzutreten. Das würde uns sehr guttun.

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