Baumängel

Haftung der ÖBA und der Architektin

Baumangel
21.02.2023

Vielfach begründen Mängel bei Bauvorhaben auch eine Haftung der örtlichen Bauaufsicht oder des Architekten.

Mängel bei Bauvorhaben begründen vielfach (auch) eine Haftung der örtlichen Bauaufsicht oder des Architekten. Lässt sich der Mangel auf die Planung zurückführen, haftet der Architekt gewährleistungs- und schadenersatzrechtlich. War die Bauaufsicht unzureichend, kann die örtliche Bauaufsicht in Anspruch genommen werden. 
Zu den Aufgaben der örtlichen Bauaufsicht gehören vor allem die Überwachung der Herstellung des Werkes in Übereinstimmung mit den Plänen sowie die Einhaltung der technischen Regeln und den behördlichen Vorschriften. 

Soweit vertraglich keine abweichenden Regelungen im Vertrag getroffen wurden, hat die örtliche Bauaufsicht insbesondere auch die Tätigkeit der ausführenden Unternehmer zu überwachen. Bei Zusammentreffen eines Überwachungsfehlers der örtlichen Bauaufsicht und eines Ausführungsfehlers eines Bauunternehmens haften prinzipiell beide Schädiger im Außenverhältnis – gegenüber der Bauherrin – gemäß §§ 1302 i. V. m. 896 ABGB solidarisch, wenn in solchen Fällen die Anteile der Schädiger am Gesamtschaden nicht bestimmbar sind. 

Jüngst hatte sich der OGH mit einem allfälligen Mitverschulden der örtlichen Bauaufsicht beim Übersehen von reinen Ausführungsfehlern eines Werkunternehmens gegenüber dem mangelhaft planenden und technisch leitenden Architekten zu beschäftigen.

OGH 5 Ob 198/21k, 16.12.2021

In der Anlassentscheidung 5 Ob 198/21k wurde eine Wohnhausanlage mit Glasfassaden im Bereich der Stiegenhäuser und Laubengänge errichtet. 
Einige Jahre nach Abschluss der Arbeiten zeigten sich Verformungen an der Verglasung der Laubengänge und der Stiegenhäuser sowie Risse in der Stahlkonstruktion. Laut dem Sachverständigengutachten waren diese Mängel auf Ausführungsfehler bei Glasauflagerungen und Befestigungen zurückzuführen. Weitere zwei Gutachten zeigten erhebliche Mängel der Planung und der Ausführung im Bereich der Anschlusspunkte der gesamten Stahl- und Glaskonstruktion auf. 

Die örtliche Bauaufsicht nahm die Architektin, welche mit der Planung der gesamten Wohnhaus­anlage beauftragt war, in Anspruch und begehrte Schadenersatz sowie die Feststellung der Haftung für zukünftige Schäden. Im Architektenvertrag war vereinbart, dass die Architektin zur Überprüfung und Freigabe von Werkzeichnungen der ausführenden Firmen zuständig sei. Zudem war vertraglich fest­gelegt, dass sie die technische Oberleitung hatte.
Nach Auffassung der örtlichen Bauaufsicht war es nicht ihre Aufgabe, das Geplante umzusetzen, sondern die technische Oberleitung. Die beklagte Architektin entgegnete, sie habe dem Architektenvertrag entsprechend geplant. Die ausgeführte Konstruktion weiche von der Planung ab. Dass die Subunternehmerin schlampig gearbeitet habe, habe nicht sie zu verantworten, sondern hätte der Klägerin als örtliche Bauaufsicht auffallen müssen. 
Der OGH bestätigte die Auffassung des Berufungsgerichts, dass sich die Architektin aufgrund der vertraglichen Zuständigkeit für die Überprüfung und Freigabe von Werkzeichnungen der ausführenden Firmen nicht darauf berufen kann, dass sie keine Verantwortung für die abweichende Ausführung trage. 

Die Ausführungsmängel des Schlossers und deren Nichterkennen durch die örtliche Bauaufsicht traten nach der Beurteilung des OGH in diesem konkreten Fall hinter den massiven Unterlassungen (keine Ausführungsplanung, Überlassung der Detailplanung an den Schlosser) der Beklagten deutlich in den Hintergrund. Ein Schadensausgleich wurde insofern als nicht gerechtfertigt angesehen. 

Fazit

Welche Pflichten beispielsweise ein Architekt übernommen hat, ist eine Auslegungsfrage des konkreten Architektenvertrages. Bleibt das Verschulden der örtlichen Bauaufsicht deutlich hinter dem Verschulden des Architekten zurück, ist die Haftung der ört­lichen Bauaufsicht (möglicherweise) ausgeschlossen. Die Gewichtung der Zurechnungsmomente erfordert immer eine Einzelfallbetrachtung.

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