Schikaneverbot

Zurückbehaltung des Werklohns bei Mängeln

Baumangel
29.04.2021

Der Auftraggeber kann bei Mängeln den offenen Werklohn zurückbehalten, die Grenze bildet das Schikaneverbot. Ob diese vorliegt, ist mitunter aufgrund einer Interessenabwägung zu prüfen.

Der Auftraggeber (AG) hat nach (gänzlicher) Vollendung des Werks durch den Auftragnehmer (AN) den Werklohn zu zahlen. Die Fälligkeit des Werklohns tritt jedoch dann nicht ein, wenn der AG aufgrund von Mängeln die Einrede des nicht gehörig erfüllten Vertrages erhebt. Bietet der AN seine Leistung nicht vereinbarungsgemäß an, dann kann der AG seine eigene Leistung, die Zahlung des Werklohns, zurückbehalten, solange er einen Anspruch auf Verbesserung geltend macht.

Voraussetzungen für die Einrede des nicht gehörig erfüllten Vertrages sind, dass ein verbesserungsfähiger Mangel vorliegt, der AG den Anspruch auf Behebung geltend macht und der AN zur Behebung bereit ist. Streng nach dem Gesetz könnte der AG wegen eines noch so geringen Mangels die Zahlung des gesamten noch offenen Werklohns zurückbehalten. Durch die Rechtsprechung wurde das Recht zumindest so weit begrenzt, als der AG dadurch nicht schikanös handelt.

Schikaneverbot

Schikanöse Rechtsausübung wird in der Regel dann vorliegen, wenn der Verbesserungsaufwand weniger als fünf Prozent des ausständigen Werklohns beträgt. Dieser Wert stellt aber keine absolute Grenze dar, sondern ist vielmehr in einem beweglichen System zu verstehen. Dabei spielt auch eine Rolle, wie sehr der AG durch den Mangel belastet ist. Das Vorliegen einer Schikane erfordert nach dem OGH nicht, dass der AG aus Schädigungsabsicht oder einem sonstigen unlauteren Motiv handelt.

Mit der Frage der Zulässigkeit des Schikaneeinwands setzte sich der OGH auch in der Entscheidung 5 Ob 191/20d vom 30.11.2020 wieder auseinander. Ein AN begehrte vom AG seinen restlichen Werklohn für Sanierungsarbeiten in einem Wettlokal des AG mit der Begründung, sämtliche vom AG gerügten Mängel habe er behoben. Weiters behauptete der AN, dass, soweit Mängel vorliegen sollten, deren Behebungsaufwand außer Verhältnis zum ausständigen Werklohn stünde und deren Einwand somit schikanös sei. Der AG wendete ein, dass die Leistung des AN noch nicht vollständig, weil mangelhaft war, weswegen der restliche Werklohn noch nicht fällig sei.

Der OGH wies die Klage des AN ab und führte dazu aus, dass die Kosten für die Behebung der nach wie vor vorliegenden Mängel zwölf Prozent des noch ausständigen Werklohns betragen. Der OGH bekräftigte damit seine Meinung, wonach die Zurückbehaltung des gesamten (restlichen) Werklohns nicht schikanös und damit rechtsmissbräuchlich ist, wenn der Verbesserungsaufwand mehr als fünf Prozent des noch ausständigen Werklohns ausmacht. Zudem betonte er, dass es nicht auf das Verhältnis des Verbesserungsaufwands zum gesamten Werklohn ankommt, sondern lediglich auf das Verhältnis des Verbesserungsaufwands zum noch ausständigen Werklohn.

Fazit

In seiner Entscheidung bekräftigte der OGH seine ständige Rechtsprechung zum Schikaneeinwand erneut. Die Zurückbehaltung des ausständigen Werklohns ist nicht schikanös, wenn die Behebungskosten der vorliegenden Mängel mehr als fünf Prozent des ausständigen Werklohns betragen. Zwar unterliegt das Schikaneverbot stets einer Einzelfallentscheidung, in der Praxis kann die Fünf-Prozent-Grenze jedoch als Maßstab zur Zulässigkeit zur Zurückbehaltung herangezogen werden. Bei Bauverträgen, auf die die ÖNorm B 2110 anzuwenden ist, kann der AG ohnehin nur das Dreifache der voraussichtlichen Mängelbehebungskosten vom Werklohn zurückhalten.

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