Finanzierung

Verschärfte Immo-Finanzierung hat schwere Konsequenzen

Wohnbau
22.02.2023

Aufgrund der neuen Richtlinien ist die Nachfrage nach Wohnkrediten um bis zu 70 Prozent gesunken. Die Bau- und Immobilienwirtschaft kommt dadurch zunehmend in Bedrängnis. Nun soll es Lockerungen geben, diese gehen der Branche aber nicht weit genug.
Durch die neue Wohnkredit-Richtlinie geraten gleich mehrere Branchen unter Druck.
Durch die neue Wohnkredit-Richtlinie geraten gleich mehrere Branchen unter Druck.

Es gibt viele gute Gründe, sich eine Immobilie zu kaufen. Doch in den vergangenen Monaten gab es bei den Wohnbaufinanzierungen einen massiven Einbruch. Auslöser sind die im August 2022 verschärften Vergabekriterien für Immobilienkredite. Denn die österreichische Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) hat die neue Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung (KIM-VO) erlassen. Es ging darum die Risiken bei Fremdkapitalfinanzierungen von Wohnimmobilien zu begrenzen.

Durch die KIM-VO müssen beim Immobilien-Kauf mindestens 20 Prozent an Eigenkapital zur Verfügung stehen, die Laufzeit des Kredits darf 35 Jahre nicht überschreiten und die monatliche Rückzahlung muss unter der Grenze von 40 Prozent des Haushaltseinkommens bleiben. Ausgenommen davon sind lediglich Kredite bis 50.000 Euro. Damit ist es deutlich schwerer geworden an einen Wohnkredit zu kommen. Dazu kommt, dass die steigende Inflation die Kaufkraft der Kreditkunden schmälert. Neben den Banken kommt dadurch zunehmend die gesamte Bau- und Immobilienwirtschaft in die Bredouille, was sich wiederum auf die Konjunktur auswirkt.

Deutlich sinkende Kreditnachfrage

Schon vor der Einführung der KIM-VO wurden kritische Stimmen laut. Das Tarifvergleichsportal Durchblicker warnte schon im Februar 2022 davor, dass die strengeren Wohnkredit-Regeln für viele Menschen in Österreich auf dem Weg zum Eigenheim eine unüberwindbare Hürde darstellen werden. Eine Analyse der seit 2020 über das Vergleichsportal vermittelten Immobilienkredite unter Einbeziehung der neuen Kreditrichtlinien ergab, dass bis zu 39 Prozent nicht in der Lage gewesen wären, die verschärften Vorgaben zu erfüllen. Gleichzeitig gaben Experten zu bedenken, dass die neue Regelung de facto die Wohnbauförderungen außer Kraft setzen könnten, da diese erst nach Fertigstellung oder der vollständigen Bezahlung des Objektes ausbezahlt werden. Mitte November schlugen dann auch die Banken Alarm. Sie registrierten nach wenigen Monaten eine deutlich sinkende Kreditnachfrage. Mittlerweile meldet die Wirtschaftskammer einen Einbruch bei der Wohnbaufinanzierungsnachfrage von bis zu 70 Prozent.

Es braucht eine Trendwende

Nun hat das Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) Lockerungen empfohlen. Mit 1. April 2023 sollen die Zwischenfinanzierung bis zu 80 Prozent des geschätzten Marktwertes der zu veräußernden Immobilien betragen dürfen. Geplant ist auch die Geringfügigkeitsgrenze bei Paaren von aktuell 50.000 auf 100.000 Euro anzuheben. Darüber hinaus ist für Kreditinstitute ein Ausnahmekontingent vorgesehen.

Für die Vertreter der Banken, Bau- und Immobilienwirtschaft gehen die vorgesehenen Anpassungen aber nicht weit genug. WKO-Steiermark-Präsident Josef Her und Direktor Karl-Heinz Dernoscheg fordern im Sinne der Konjunktur eine echte Trendwende. Als wichtigste Erleichterungen bei den Vergaberichtlinien brauche es eine echte Senkung des Eigenmittelanteils, eine Verlängerung der möglichen Kreditlaufzeit sowie eine realistische Anpassung ans verfügbare Haushaltseinkommen. Klare Worte kommen auch aus der Bau- und Immobilienwirtschaft. "Wir haben jetzt noch Aufträge, aber bis zum Sommer leeren sich die Auftragsbücher", so Bauinnungsmeister Michael Stvarnik. Und weist darauf hin, dass man auf enorme Probleme zusteuert. Denn nicht nur die erschwerte Kreditaufnahme macht Kopfzerbrechen, auch der aktuelle Totalstopp beim geförderten Wohnbau aufgrund der derzeitigen Förderbedingungen.

Zwischenfinanzierungen ausnehmen

Auf gleicher Linie ist auch Gerald Gollenz, Obmann des Fachverbandes der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der Wirtschaftskammer Österreich. Er plädiert dafür, dass die Zwischenfinanzierungen aus dem Geltungsbereich der Verordnung überhaupt ausgenommen werden. Denn der Immobilienwert aus der Immobilie, die verkauft werden soll, sei ja zu 100 Prozent vorhanden, was das Ausfallsrisiko für die Banken minimiert.

Ebenso unzufrieden mit der Nachjustierung ist Willi Cernko, Obmann der Bundessparte Bank und Versicherungen. Für ihn sind die Vorschläge absolut unzureichend, um dem Wohn-Dilemma, auf das man zusteuert, entgegenzuwirken. Was es jetzt brauche sind klare und weitreichende Änderungen, die dem aktuellen, wirtschaftlichen Umfeld Rechnung tragen, sprich eine Verordnung, die völlig neu auf die Beine gestellt wird. Die Banken urgieren daher ebenso eine gänzliche Ausnahme bei den Zwischenfinanzierungen statt eines 20-prozentigen Abschlags, dazu eine einfache Bemessungsgrundlage für das Ausnahmekontingent und Erleichterungen für Jungfamilien.